Flexibilisierungen des Arbeitsentgelts

Zielvereinbarungen in der Praxis

04. August 2008 – Zielvereinbarungen sollen für den Mitarbeiter einen Anreiz zu hohen Leistungen schaffen. Sie sind seit langem in Vertriebs- und Führungspositionen verbreitet. Da der allgemeine Trend zur Flexibilisierung des Arbeitsentgelts geht, werden sie auch zunehmend in anderen Bereichen eingesetzt. Sie sind vielfach im Arbeitsvertrag geregelt, können aber auch auf Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung beruhen. Sie können die persönliche Leistung des Arbeitnehmers bzw. die Leistung einer Arbeitsgruppe honorieren oder an die wirtschaftliche Situation des Unternehmens anknüpfen. Häufig findet sich eine Kombination aus Individual- und Unternehmenszielen. Über die Probleme, die sich aus der Verknüpfung einer Zielvereinbarung mit dem Entgeltanspruch ergeben, möchten wir nachstehend informieren.

Zielvereinbarungen/Zielvorgaben
Zielvereinbarungen werden einvernehmlich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer getroffen. Sie unterscheiden sich von Zielvorgaben, bei denen der Arbeitgeber die vom Arbeitnehmer zu erreichenden Ziele alleine festlegt. Eine Zielvereinbarung hat gegenüber der Zielvorgabe den Vorteil, dass es bei einer rechtlichen Auseinandersetzung für das Ziel keine Kontrolle nach den für allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Bestimmungen gibt und nur der äußerst seltene Fall der Sittenwidrigkeit die Vereinbarung der Ziele zu Fall bringen kann. Anders hingegen bei der Zielvorgabe: Hier muss sich der Arbeitgeber in den Grenzen „billigen Ermessens“ (§ 315 BGB) bewegen. Bei rechtlichen Auseinandersetzungen wird der Ausgang von Gerichtsverfahren aufgrund der schwammigen gesetzlichen Bestimmung nur schwer vorhersehbar sein.
Enthält die Vereinbarung außer dem Ziel noch weitere Klauseln, etwa Freiwilligkeitsklauseln, Widerrufsvorbehalte, Stichtags- oder Rückzahlungsklauseln, findet sehr wohl eine AGB-Kontrolle statt. Dabei sind insbesondere die Unklarheitenregel (§ 307 I 2 BGB) und das Verbot überraschender Klauseln (§ 305 c I BGB) zu beachten.

Rahmenregelung
Häufig finden sich im Arbeitsvertrag lediglich Rahmenvereinbarungen, in denen noch keine konkreten Ziele vereinbart sind. Diese sollen dann einer gesonderten Zielvereinbarung vorbehalten bleiben. Probleme stellen sich insbesondere dann, wenn entgegen der vertraglichen Rahmenvereinbarung keine Zielvereinbarung getroffen wird. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat hierzu entschieden, dass dem Arbeitnehmer, der einen vertraglichen Anspruch bei Erreichung vereinbarter Ziele hat, Schadensersatz zustehe, wenn aus vom Arbeitgeber zu vertretenden Gründen für ein Kalenderjahr keine Zielvereinbarung getroffen wurde. Dabei war strittig, von wem die Initiative zur Vereinbarung konkreter Ziele ausgehen muss. Es empfiehlt sich daher, auch für so genannte Störfälle zu regeln, was geschehen soll, wenn eine vorgesehene Zielvereinbarung unterbleibt.

Grenzen der Flexibilisierung
Soweit keine tarifliche Regelung zum Tragen kommt, soll es nach herrschender Literaturmeinung möglich sein, die gesamte dem Arbeitnehmer gewährte Vergütung variabel zu gestalten. Allerdings darf auch hier die Schwelle zur Sittenwidrigkeit nicht unterschritten werden. Dabei wird häufig davon ausgegangen, dass ab einer bestimmten Unterschreitung des tariflichen oder üblichen Entgelts Sittenwidrigkeit anzunehmen sei, doch fehlen letztlich zuverlässige Aussagen, welche Unterschreitung vorliegen muss.

Befristung der Zielvereinbarung
Eine Zielvereinbarung unterliegt zwar nicht den gesetzlichen Bestimmungen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes, doch überprüft das Bundesarbeitsgericht sie nach den Grundsätzen der allgemeinen Geschäftsbedingungen. Sofern ein sachlicher Grund für die Befristung vorliegt, soll keine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers gegeben sein. Hierbei ist beispielsweise an einmalige Anreize für ein bestimmtes Projekt oder ähnliches zu denken.

Freiwilligkeitsvorbehalt
Nach der gefestigten Rechtsprechung des BAG ist es zulässig, wenn der Arbeitgeber jeden Anspruch für die Zukunft ausschließt. Formulierungen wie: „Die Zahlung erfolgt als freiwillige Leistung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“, „Aus der Zahlung können für die Zukunft keinerlei Rechte hergeleitet werden“, sind hinreichend klar und rechtswirksam. Dies gilt allerdings nur dann, wenn es sich nicht um laufende Leistungen, sondern um Sonderzahlungen wie Gratifikationen, Boni, etc. handelt. Wird eine monatlich zu zahlende Leistung unter Ausschluss jeden Rechtsanspruchs zugesagt, sieht die Rechtsprechung darin eine unangemessene Benachteiligung und der Freiwilligkeitsvorbehalt ist unwirksam. Wird ein wirksamer Freiwilligkeitsvorbehalt vereinbart, ist damit jedoch nur die erste Hürde genommen. Der Freiwilligkeitsvorbehalt geht nämlich dann ins Leere, wenn sich der Arbeitgeber in der einen Klausel zu einem Bonus verpflichtet und in der anderen einen Rechtsanspruch darauf ausschließt. Das BAG hat in solchen Klauseln einen Verstoß gegen das Transparenzgebot nach § 307 I 2 BGB gesehen mit der Folge, dass die Bonusregelung nicht insgesamt unwirksam ist, sondern nur der Freiwilligkeitsvorbehalt. Damit werden hohe sprachliche Hürden für entsprechende Klauseln aufgebaut. Man wird sich auf diese Rechtsprechung einstellen müssen. Es sollte daher für die Zahlung die Möglichkeitsform gewährt werden: „Sofern dem Angestellten Sonderzahlungen wie … gewährt werden, wird hierdurch ein Rechtsanspruch für die Zukunft nicht begründet. Der Arbeitgeber behält sich vor, jedes Jahr neu zu entscheiden, ob und in welcher Höhe eine Sonderzahlung gewährt wird.“

Widerrufsvorbehalt
Wird eine Leistung unter Widerrufsvorbehalt gewährt, so wird zwar ein Anspruch des Arbeitnehmers begründet, doch kann dieser mit Wirkung für die Zukunft leichter wieder beseitigt werden. Ein formularmäßiger Widerrufsvorbehalt ist nach der Rechtsprechung des BAG nur wirksam, wenn aus dem Widerrufsvorbehalt selbst erkennbar ist, bei welchen Sachverhaltskonstellationen dem Arbeitgeber das Recht zustehen soll, von ihm Gebrauch zu machen. Außerdem darf nicht in den Kernbereich des Arbeitsvertrags eingegriffen werden. So soll die Vereinbarung eines Widerrufsvorbehalts nur zulässig sein, wenn der (im Gegenseitigkeits-
verhältnis stehende) widerrufliche Teil des Gesamtverdienstes unter 25 Prozent liegt und der Tariflohn nicht unterschritten wird. Hat der Arbeitgeber diese Hürden genommen und einen wirksamen Widerrufsvorbehalt vereinbart, so ist sein darauf gestützter Widerruf nur wirksam, wenn seine Ausübung die Grundsätze billigen Ermessens nach § 315 BGB beachtet. Die Vereinbarung eines freien Widerrufsrechts zugunsten des Arbeitgebers ist unwirksam.