Getrennt und doch nicht solo

Tipps für die Freistellung von der Arbeitspflicht

23. Dezember 2008 – Kommt es zwischen den Arbeitsvertragsparteien zur Trennung, haben oft beide Seiten ein Interesse an einer Freistellung des Arbeitnehmers bis zur rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Bei der Freistellung gibt es mehrere Gestaltungsmöglichkeiten – einvernehmlich oder einseitig, widerruflich oder unwiderruflich. Je nach Form können die Folgen in Bezug auf Urlaubsansprüche, die Anrechnung anderweitiger Einkünfte, das gesetzliche Wettbewerbsverbot oder in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht unterschiedlich sein. Erschwert wurden einvernehmliche Freistellungsvereinbarungen durch die Rechtsansicht der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger im Sommer 2005. Sie waren der Meinung, dass im Falle einer einvernehmlichen unwiderruflichen Freistellung das sozialversicherungsrechtliche Beschäftigungsverhältnis mit dem letzten Tag der Beschäftigung enden sollte. Dieses Ergebnis war in der Regel nicht gewollt und führte deshalb zu widerruflichen oder einseitigen Freistellungen. Das Bundessozialgericht (BSG) hat inzwischen mit Urteil vom September 2008 entschieden, dass das sozialversicherungsrechtliche Beschäftigungsverhältnis auch bei einer einvernehmlichen unwiderruflichen Freistellung erhalten bleibt. Die Sozialversicherungsträger haben angekündigt, dass sie ihr Besprechungsergebnis entsprechend ändern werden.

Welche Änderungen haben sich durch das neue Urteil des BSG ergeben?
Erklärt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer, dass er ihn von der Erbringung seiner Arbeitsleistung freistellt, spricht man von einseitiger Freistellung. Sie kann ausgesprochen werden, wenn überwiegende und schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers so gewichtig sind, dass sie Vorrang gegenüber dem verfassungsrechtlich geschützten Beschäftigungsanspruch haben. In der Praxis ist die Freistellung nach Ausspruch einer Kündigung inzwischen ein regelmäßiger Vorgang und erfahrungsgemäß wehren sich Arbeitnehmer nur sehr selten gegen eine vom Arbeitgeber ausgesprochene Freistellung.

Eine Freistellung führt nicht automatisch zum Erlöschen von Urlaubsansprüchen. Sollen Urlaubsansprüche mit der Freistellung abgegolten sein, bedarf es hierzu einer ausdrücklichen Erklärung des Arbeitgebers. Gleiches gilt für Zeitguthaben. Wird ein Arbeitnehmer ausdrücklich nur widerruflich freigestellt, können Urlaubsansprüche nicht erlöschen, und zwar selbst dann nicht, wenn der Arbeitgeber die Anrechnung der Urlaubsansprüche auf die Freistellung ausdrücklich erklärt. Urlaubsansprüche können daher nur bei unwiderruflicher Freistellung und nur bei ausdrücklicher Erklärung der Anrechenbarkeit erlöschen. Ist sich der Arbeitgeber nicht sicher, ob er den Arbeitnehmer während der Restlaufzeit des Vertrages noch benötigt, kann er ihn für einen bestimmten Zeitraum unwiderruflich unter Verrechnung mit Urlaubsansprüchen freistellen und für die übrige Zeit widerruflich.

Tritt der Arbeitnehmer während der Freistellung eine neue Stelle an, stellt sich die Frage, ob dieser anderweitige Verdienst angerechnet werden kann. Bei einer einseitigen Freistellung gerät der Arbeitgeber einerseits in Annahmeverzug – der Arbeitnehmer hat ab diesem Zeitpunkt einen Anspruch auf Zahlung der vertragsgemäßen Vergütung obwohl er seine Arbeitsleistung nicht erbringt. Andererseits sieht in diesem Fall eine gesetzliche Bestimmung vor, dass sich beim Annahmeverzug des Arbeitgebers der Arbeitnehmer anderweitiges Einkommen anrechnen lassen muss. Soweit nichts anderes vereinbart ist, darf der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber während der Freistellung keinen Wettbewerb machen,. Einer ausdrücklichen Erklärung durch den Arbeitgeber bedarf es nicht.

Etwas andere „Spielregeln“ gelten bei der einvernehmlichen Freistellung. Sie wird gewählt, wenn beide Parteien eine Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses treffen. Hinsichtlich der Anrechnung von Urlaubsansprüchen ergeben sich gegenüber der einseitigen Freistellung keine Unterschiede. Anders sieht es mit der Anrechnung des anderweitigen Verdienstes aus. Besteht Einigkeit über die Freistellung, gerät der Arbeitgeber nicht in Annahmeverzug. Eine gesetzliche Anrechnungsbestimmung besteht jedoch nur für diesen Fall. Daraus hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) geschlossen, dass sich der Arbeitnehmer anderweitigen Verdienst nicht anrechnen lassen muss, die Anrechenbarkeit müsse extra vereinbart werden. Wird sie vereinbart, hat dies Auswirkungen auf das bestehende Wettbewerbsverbot. Das BAG interpretiert eine Freistellung unter Anrechnung anderweitigen Erwerbs dahingehend, dass der Arbeitgeber damit auf das bestehende Wettbewerbsverbot verzichte. Wenn er dies nicht wolle, müsse er unmissverständlich erklären, dass der Arbeitnehmer nicht befugt sei, einer Wettbewerbstätigkeit nachzugehen.

Fazit: Bis zur Änderung des Besprechungsergebnisses der Sozialversicherungsträger spricht nichts dagegen, die Praxis der einseitigen Freistellung beizubehalten. Nachdem jedoch unter Umständen. zweifelhaft sein kann, ob eine einvernehmliche oder eine einseitige Freistellung vorliegt, ist in jedem Fall zu empfehlen, klare Regelungen hinsichtlich der Anrechnung von Urlaubsansprüchen und des anderweitigen Verdienstes sowie der Einhaltung des Wettbewerbsverbots zu treffen.