Personalabbau mit Sozialplan

Fehler vermeiden, Gestaltungsspielräume nutzen

24. August 2009 – Viele Unternehmen haben dieses Jahr die Möglichkeit der Kurzarbeit genutzt, um auf einen Umsatzeinbruch zu reagieren. Es ist zu befürchten, dass selbst nach einem Anziehen der Konjunktur Personalanpassungsmaßnahmen unvermeidbar sein werden, wenn das frühere Auftragsniveau nicht mehr erreicht werden kann und keine anderen Maßnahmen zur Verfügung stehen.

Damit stehen nicht wenige Unternehmen vor einem großen Dilemma: Während auf der einen Seite die vorhandenen Geldmittel dringend erforderlich sind, um das Unternehmen voranzubringen, insbesondere notwendige Investitionen zu finanzieren, gilt es, Mittel für einen Sozialplan bereitzustellen, um entstehende Nachteile für die entlassenen Mitarbeiter abzufedern.

Wie dieses Ziel erreicht wird, überlässt das Gesetz primär den Betriebsparteien, d.h., Arbeitgeber und Betriebsrat. Wenn sie sich nicht einigen können, entscheidet die Einigungsstelle und stellt einen verpflichtenden Sozialplan auf. Gibt es in einem Unternehmen keinen Betriebsrat oder werden in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigt, kann ein Sozialplan von den Arbeitnehmern nicht erzwungen werden, d.h., sie haben keinen Anspruch auf eine Abfindung.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) sind die Betriebspartner – ebenso die Einigungsstelle – bei Abschluss eines Sozialplans frei, in den Grenzen von „Recht und Billigkeit“, darüber zu entscheiden, welche Nachteile, die der Verlust eines Arbeitsplatzes mit sich bringt, durch eine Abfindung ausgeglichen werden sollen. Was das BAG unter „recht und billig“ versteht, hat es in einer Vielzahl von Entscheidungen näher präzisiert. Dabei geht es häufig um die Frage, unter welchen Voraussetzungen es möglich ist, Arbeitnehmer von Abfindungszahlungen ganz oder teilweise auszuschließen, um die Kosten für einen Sozialplan in einem vertretbaren Rahmen zu halten.

Abfindungen für rentennahe Jahrgänge
Bereits 1988 hat das BAG entschieden, dass es zulässig ist, Arbeitnehmer von den Leistungen eines Sozialplans auszuschließen, die vorgezogenes Altersruhegeld in Anspruch nehmen können.
Dass dies heute noch Gültigkeit hat, hat das BAG erneut in zwei Entscheidungen vom November 2008 und Januar 2009 bestätigt. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass Sozialpläne eine zukunftsgerichtete Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion haben und kein zusätzliches Entgelt für die in der Vergangenheit erbrachten Dienste darstellen.
Einigermaßen zuverlässig lassen sich die Abmilderungen und Nachteile einschätzen, die mit Leistungen insbesondere aus der Arbeitslosen- und Rentenversicherung verbunden sind. Zwar hängt die Höhe einer gesetzlichen Altersrente und damit das Maß der mit ihr verbundenen wirtschaftlichen Absicherung von den individuell unterschiedlichen Versicherungsverläufen der einzelnen Arbeitnehmer ab. Trotzdem sind Typisierungen und Pauschalierungen zulässig und häufig unvermeidlich, so das BAG.
Die Annahme, dass rentenberechtigte oder rentennahe Arbeitnehmer im Regelfall wirtschaftlich stärker abgesichert sind als rentenferne Arbeitnehmer, ist realitätsnah. Dies ist auch der Grund, weshalb das BAG unterschiedliche Behandlungen von rentennahen und rentenfernen Jahrgängen nicht als verbotene Altersdiskriminierung ansieht.

Abfindungen bei Angebot eines Ersatzarbeitsplatzes

In einem Sozialplan können Abfindungen ausgeschlossen werden, wenn vorgesehen ist, dass den Arbeitnehmern zumutbare andere Arbeitsplätze im eigenen oder in einem zum Konzern gehörenden Unternehmen angeboten werden. Wenn ein Arbeitnehmer ein von den Betriebsparteien für zumutbar erachtetes Umsetzungs- oder Versetzungsangebot ausschlägt, kann er keine Abfindung verlangen.
Ein Sozialplan darf auch vorsehen, dass Arbeitnehmer keine Abfindung erhalten, wenn sie durch Vermittlung des Arbeitgebers einen neuen Arbeitsplatz erhalten. Dabei kann der Sozialplan unter „Vermittlung“ des Arbeitgebers jeden Beitrag des Arbeitgebers verstehen, der das neue Arbeitsverhältnis erst möglich macht. Eine Regelung, wonach dem Arbeitnehmer bei Ausschlagung eines zumutbaren Arbeitsplatzes nur die Hälfte der Abfindung zusteht, die er bei Ablehnung eines zumutbaren Arbeitsplatzes erhalten würde, ist zulässig. Es liegt in der Regelungsbefugnis der Betriebsparteien, ob sie überhaupt keinen Anspruch oder einen geminderten festlegen.

Abfindung bei Eigenkündigung oder Aufhebungsvertrag
Grundsätzlich ist es zulässig, Arbeitnehmern keinen Sozialplananspruch zuzubilligen, die ihr Arbeitsverhältnis durch Eigenkündigung oder Aufhebungsvertrag beendet haben. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn die Eigenkündigung oder der Aufhebungsvertrag vom Arbeitgeber veranlasst worden ist. In einem solchen Fall sind gekündigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmer, die aufgrund einer Eigenkündigung oder eines Aufhebungsvertrages ausgeschieden sind, gleich zu behandeln. Eine Eigenkündigung oder ein Aufhebungsvertrag ist vom Arbeitgeber veranlasst, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zuvor mitgeteilt hat, es bestehe für ihn nach der Durchführung der Betriebsänderung keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr. Ein bloßer Hinweis des Arbeitgebers auf eine unsichere Lage des Unternehmens, auf notwendig werdende Betriebsänderungen oder der Rat, sich eine neue Stelle zu suchen, genügen nicht.